Zur Person

 

Jakob Roider oder der Roider Jackl, wie er volkstümlich genannt wurde, kam am 17. Juni 1906 in Weihmichl bei Landshut (www.weihmichl.de) auf die Welt und starb am 8. Mai 1975 in Freising (www.freising.de). Mit seinen Gstanz'ln, Reden und Liedern wurde er in Bayern berühmt.

 

Der Roider Jackl hat seinen Lebenslauf fragmentarisch selbst beschrieben (Siehe Buch und Tonträger). Im Laufe der Zeit hat es über ihn auch viele Artikel in Zeitungen und Zeitschriften sowie ein paar studentische Zulassungsarbeiten etc. gegeben. Zur schnellen unverfälschten Information sollen hier aber ein paar Grunddaten zur Person geboten werden, inklusive von einigen, für das Verständnis der Person förderlichen Einsichten aus der Privatsphäre.

 

Die frühen Jahre

 

Der Jackl war das sechzehnte und letzte Kind seiner Eltern, Johann und Franziska Roider, die in Weihmichl ein kleines landwirtschaftliches Anwesen mit dem Hausnamen „Selmer“ betrieben. Wichtig für die spätere Entwicklung des Jackl war wohl neben den Genen, dass er als Jüngster besonders tratzfest und tratzfreudig wurde und dass das Selmer-Anwesen so etwas wie ein soziales Zentrum des damals 500-köpfigen Dorfes war. Die große Zahl der Selmer-Kinder und die zentrale Lage des Anwesens mitten im Dorf, gleich neben der Hauptstrasse und der Kirche luden zum schnellen Hereinschauen ein. So war dort immer was los. Und beim Selmer wurde natürlich auch musiziert und gesungen. Der ältere, durch Kinderlähmung behinderte Bruder Hans, wegen seines Berufes als der „Schneider“ bekannt, war ein begnadeter Mund – und Ziehharmonikaspieler und der ältere Bruder Wast ein guter Sänger. Bei besonderen Gelegenheiten spielte der Vater auch die Mundharmonika und tanzte dazu gleichzeitig mit der Mutter vor der versammelten Kinderschar.

 

 

Teil der Familie Roider. Aufnahme ca 1917. Jackl 3 von links. Wastl 2 von links

 

Ab 1911 besuchte Jackl die „ einklassige“ Volksschule in Weihmichl. Im Wirtshaus stellte man schon manchmal den vifen Jackerl auf den Tisch und ließ ihn für eine Wurscht und einen Schluck Bier ein saftiges Gstanzl singen. Nach dem Schulabschluss im Jahre 1919 machte er eine Lehre in der Schreinerei Riederer – sie existiert heute noch - im 2 km entfernten Furth bei Landshut (www.furth-bei-landshut.de). 1922 bekam er seinen Gesellenbrief.  Seine lebenslange Freude am Holz und Schreinern stammt wohl aus dieser Zeit.  Dass er schon als kleiner Bub im Wirtshaus Gstanzl und Lieder allein oder mit anderen zusammen gesungen hat, erzählte er des öfteren. Er erzählte auch wie tief beeindruckt er gewesen ist von der Musik, dem Singen und dem Tanzen der beim Weihmichler Wirt arbeitenden russischen Kriegsgefangenen.

 

1924 – ein Dollar war damals 4.2 Billionen Mark wert - zog der Schreinergesell in die weite Welt: nach Garmisch. Er hatte durch die Hilfe des dort verheirateten Weihmichler Schreiners Eisenhofer eine Anstellung als Hausschreiner beim Garmischer Hotel Sonnenbichl (www.sonnenbichl.de) bekommen. Er kam so mit dem Bayrischen Oberland, das die eher nüchternen Niederbayern durch romantische und feine Gesänge sowie Jager- und Wildschützengeschichten beeindruckte, und auch mit der Welt der Reichen und Schönen in Berührung.

 

1927 verpflichtete sich Jackl für zwölf Jahre, also bis 1939, zum Dienst bei der Reichswehr. Für den jungen Kerl vom Dorf bot der Militärdienst zunächst soziale Sicherheit und am Ende der Dienstzeit sozialen und wirtschaftlichen Aufstieg durch Ausbildung zu einem angesehenen Beamtenberuf. Jackl wollte sich zum Förster ausbilden lassen. Er diente an verschiedenen militärischen Standorten (Landshut, München, Augsburg, Reichenhall, kurze Zeit auch Berlin).

 

 

Der Rekrut Jakob Roider 1927

 

1931 nahm er am ersten Niederbayerischen Preissingen teil und gewann verschiedene Preise. Bei dieser Gelegenheit kam er mit Kurt Huber, Volkskundeprofessor an der Uni München, und Kiem Pauli, dem bekannten Volksliedersammler, zusammen. Daraus entwickelten sich Freundschaften. Prof. Kurt Huber – er wurde 1944 von den Nazi’s im Rahmen der „Weissen Rose“-Säuberungen umgebracht – machte auch die ersten Tonaufnahmen vom Jackl und seinem Bruder Wastl auf Wachswalzen. Telefunken brachte 1933 zwei Schallplatten mit Liedern und Gstanzln vom Roider Jackl heraus. Eine kleine Auswahl davon ist auf der CD 1 „Roider Jackl 1 – die Frühen Jahre“ zu hören (siehe Tonträger).

 

 

Jakob 1931 beim Preissingen

 

1934 heiratete er Therese Schwaiger, die wohlgeratene Tochter des Getreidehändlers und Pächters der Bahnhofswirtschaft im 4 km von Weihmichl entfernten Pfettrach. Das erste Kind, eine Tochter namens Irma, kam bald auf die Welt. Es stellte sich allmählich heraus, dass das Kind spastisch war und regelmäßig Krampfanfällle hatte, verursacht durch ein bei der Geburtshilfe verursachtes Blutgerinnsel im Kopf. Dieses Kind bezüglich Finanzen und Betreuung abzusichern, war dem Roider Jackl fortan ein zentrales Anliegen.

 

 

Familie Roider 1940 in München

 

Bis zum Jahre 1939 hatte es der Jackl, „bei den Feiern immer einer der besten Soldaten“, zum Stabsfeldwebel gebracht und seine Forstausbildung, die schon 1936 begonnen hatte, abgeschlossen. Im März 1939 kam der Autor, der Werner auf die Welt. Der Jackl wollte nach seinen zwölf Jahren Militärdienst gerade in den zivilen Beruf zu wechseln, als der Ausbruch des 2. Weltkrieges alle Planungen über den Haufen schmiss. Er musste in der Kaserne in Reichenhall bleiben und weiter Rekruten auszubilden.

 

 

Bei den Feiern immer einer der besten Soldaten

 

Zum Fronteinsatz nach Frankreich oder Russland musste er glücklicherweise nicht. Nur ganz am Schluss, 1945, musste er an die Front bei Augsburg unter der Führung eines blutjungen Leutnants. Der junge Mann hätte den Roider Jackl beinahe erschossen, weil dieser erfahrene Feldwebel Roider die 15 oder 16 jährigen, die am Schluss noch an die Front geschickten Kindersoldaten (" Wo ist der Feind?"), nach Hause schicken wollte. Mit einem Granatsplitter im Wadl kam er schließlich nach Freising, seinem Dienstort als Forstbeamter. Frau und Kinder lebten dort schon seit 1941 im Forstamt auf dem Domberg. Er kam ins Lazarett auf dem Domberg, gleich neben dem Forstamt. Nach wenigen Tagen besetzten die Amerikaner Freising und der Krieg war vorbei.

 

Nach dem Kriege

 

In der Zeit unmittelbar nach dem Krieg ging's wie bei allen zunächst klein her und ums blanke Überleben. Der Jackl fuhr wie alle zum Hamstern, bevorzugt in die ihm wohl bekannte 40km von Freising entfernte Weihmichler Gegend (siehe Tonträger „ Hamsterg’schichten“ auf der CD „Roider Jackl 2 – Die Nachkriegsjahre 1945-1954“). Politisch unbelastet – es stellte sich heraus, dass ihn die Nazis wegen seiner spitzen Bemerkungen schon lange mit Argwohn beobachtet hatten – durfte er schnell seinen Forstdienst antreten und bekam einen viel bewunderten leichten amerikanischen Karabiner als Dienstwaffe. Viele alte Freisinger erinnern sich seiner noch als gerechten Verteiler von Brennholz, Streuwiesen etc. und viele nicht ganz so alte Freisinger als Aufkäufer von Kastanien für die Wildfütterung. Sein Talent nutzte er auch gleich um den lebensdurstigen Überlebenden des Kriegs, gegen Nahrungsmittel oder was man sonst noch so brauchte, etwas vorzusingen und vorzureden. Ganze Programme wurden bestritten, oft zusammen mit dem Bruder Wast, dem  Schorsch Blädl und dem Michl Ehbauer. Für die Fahrten aufs Land wurde ein heruntergekommener Vorkriegs-BMW in Stand gesetzt.

 

 

Jackl und Wastl Roider ca 1950

 

Die Nachkriegsjahre waren entscheidend für das was den Roider Jackl berühmt machen sollte. Er wagte damals den Sprung aus dem Vortrag traditioneller Gstanzl und Lieder in die scharfzüngige Kommentierung durch Gstanzl von Ereignissen und Personen in Politik und Gesellschaft. Der Bayerische Rundfunk bot ihm ab 1946 auch die Gelegenheit wieder ein breites Publikum zu erreichen. Die Wochenendsendungen des Landfunks war zunächst sein Hauptforum. Die Alten erzählen heute noch wie andächtig und gespannt man damals jeden Samstag oder Sonntagmittag den neuen Roider Jackl Gstanzl am Radio zuhörte und keiner einen Muckserer machen durfte, damit ja alles genau zu verstehen war. (siehe Tonträger, Gstanzlauswahl auf der CD „Roider Jackl 2 – Die Nachkriegsjahre 1945-1954“). Nach den grausamen Jahren des Kriegs, der Angst ums Überleben und vor dem, wegen einem falschen Wort, hingehängt Werden, der Verlogenheit der Medien etc. war der Roider Jackl so was wie ein Befreier. Die Leute waren dankbar dafür, das sie wieder von tiefstem Herzen schmunzeln und lachen konnten, dass einer in ein paar kurzen Sätzen die Wahrheit sagte bzw. sang und dabei auch noch spaßig mit tief sitzenden Pointen und, wenn nötig, hinterfotzig daherkam. Sie  bewunderten die Schneid des Roider Jackl gegenüber den Politikern, den Besatzern etc. und auch die Weitsicht mit der er die sozialen und politischen Verhältnisse in Bayern, Deutschland und der Welt beurteilte.

 

 

 

Karl Valentin’s Urteil über die Gstanzl des Roider Jackl

 

 

Wichtig war in diesen Jahren, dass er mit Leuten zusammenkam, die dem Lernbegierigen Einblicke in neue Gedanken und Lebensbereiche bieten konnten. Da ist vor allem Josef Oberberger, Professor für Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in München, zu nennen. In München ausgebombt, hatte er und seine Frau Mathilde in Freising am Marienplatz eine Bleibe gefunden. Übers Brennholz kamen sie mit dem Förster Roider zusammen. Sie spürten schnell, dass sie es mit jemand Besonderem zu tun hatten. Die Oberbergers waren auch so was wie die Hefe im Freisinger Kulturleben und man feierte Feste, von denen die beim Kommerzienrat Feller die berühmtesten waren. Der Roider war oft beim „Obe“ und wurde in Kunst, Philosophie und Geschichte unterwiesen“. Er traf dort auch die jungen Freisinger Intellektuellen wie den Hubert Glaser, später ein berühmter Professor für Bayrische Geschichte, oder Sonja und Christian Seibold, Akademieschüler des „Obe“. Wie die „Obe’s“ wurden sie lebenslange Freunde des Roider Jackl und unersetzliche Ratgeber für Bayerische Geschichte oder  Bayrische Volkskunst die der Roider Jackl später sammelte.  „Obe“ brachte den Roider auch mit vielen anderen bildenden Künstlern in der Akademie und deren Umkreis, wie z. Beispiel Olaf Gulbranson (www.museen-in-bayern.de/Tegernsee-Olaf.htm) zusammen.

 

 

 

 

 

            

 

      Roider Jackl 1948                            Beim Kastanien Aufkaufen                           „ Obe“ 1949

 

 

Sobald das Gröbste überstanden war, dachte auch der Roider Jackl, wie damals so viele, ans Häusl bauen. Dabei war er wohl auch schon getrieben von der Sorge um die spätere Versorgung der kranken Irma.  Das Startkapital kam unmittelbar nach der Währungsreform im Juni 1948 vom Verkauf des oben erwähnten BMWs. Mit der Hälfte des Erlöses von DM 3000.- kaufte er ein Grundstück im "billigen", weil von Isarhochwassern bedrohten Freisinger Stadtteil Lerchenfeld und mit der anderen Hälfte begann er den Bau eines Einfamilienhauses in Eigenregie. Viel Baumaterial stammte von den Bauschuttreserven Münchens. Alles war Handarbeit vom Kelleraushub bis hin zum Mörtel Rühren und Steine Tragen. Die Bauarbeiter waren Bauern und einzelne Handwerker. Manche davon waren erst vor Kurzem aus dem Kriege heimgekommen. Der Zimmerer zum Beispiel, der Wantscher Sepp, tauchte, gerade frisch aus Russischer Gefangenschaft entlassen und ganz abgemagert, auf der Suche nach seinem Bruder Hartl auf der Baustelle auf.  Er trug noch die Steppjacke der russischen Kriegsgefangenen und in den Händen hatte er seinen kleinen Holzkoffer, der auch aus der Gefangenschaft stammte und die wichtigsten Zimmererwerkzeuge enthielt. Er begrüßte seinen Bruder kurz und werkelte gleich mit, so wie er es gewohnt war. Er blieb zeitlebens der Hauszimmerer beim Roider. Im Frühsommer 1949 war's s'Häusl soweit fertig, dass die Familie einziehen konnte. Das Haus wird heut noch von der Irmgard bewohnt.

 

 

Einzugsfertig 1949 ( Autor im Vordergrund)

 

Die fünfziger Jahre

 

Die Fünfziger Jahre waren auch für den Roider Jackl die "Wachstumsjahre". Seine Reden und Gstanzl wurden thematisch breiter und noch prägnanter. Er wurde immer gefragter.   Er besaß auch die Kraft und den Antrieb, zwei Berufsleben, die eines Vollzeitförsters und eines viel beschäftigten Volkssängers, gleichzeitig zu leben. Neben dem regulären Forstdienst trat er im Schnitt dieses Jahrzehnt je zweite Woche einmal auf. Für mehr oder minder alle Auftritte schrieb er neue Reden und für viele davon neue Gstanzl. Dies war nur mit einer enormen Arbeitsleistung und viel Fleiß zu schaffen. Seinen Antrieb als Künstler bekam er wohl unmittelbar aus dem Erfolg bei den Auftritten; aber es spielten auch die Genugtuung über die Ausweitung seiner Themen, das Hineinwachsen der Auftritte in immer breitere und prominentere Bereiche der Gesellschaft (Politik, Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft, Politik etc.) und die damit verbundenen neuen Erfahrungen und Erkenntnisse.

 

Obwohl er durch noch mehr Auftritte sein Einkommen hätte steigern können, hielt er sehr bewusst an dem Försterberuf fest, weil er nur so seine materielle und damit künstlerische Unabhängigkeit bewahren konnte. Er sah  bei manchem Künstlerkollegen/in wie er/sie, um über die Runden zu kommen, ungeliebte ja sogar peinliche Aufträge annehmen mussten. Den Beamtenstatus verstand er auch als Schutz gegen Angriffe seitens mächtiger Leute oder Organisationen, denen sein kritisches Wort nicht passte, und letztlich als Soziale Sicherung für seine Irma. Die fünfziger Jahre waren aber nicht nur glückliches Arbeiten und Aufbauen. 1956 starb ihm die Frau weg und die Sorge um die Versorgung der Irma wuchs. Aber er ließ sich nicht hängen. Die Nieder Resi, die Tochter einer Schwester des Jackl – sie lebte in Artlkofen bei Landshut in bescheidenen Verhältnissen und hatte viele Kinder -  war schon seit ein paar Jahren als Haushalts-und Pflegehilfe bei der Familie Roider in Freising. Die Resi blieb glücklicherweise, schmiss den Haushalt, pflegte als "Ersatzmutter" die Irma und hielt dem Roider Jackl so den Rücken frei für die Arbeit. Die Resi bewohnt zusammen mit der Irma auch heute noch das oben erwähnte Häusl in Freising.

 

Marksteine der Entwicklung des Roider Jackl in den fünfziger Jahren waren einschlägige Sendungen des BR, Auftritte bei den Starkbierfesten der Brauereien, bei namhaften  gesellschaftlichen Ereignissen, Organisationen und Personen. Daneben absolvierte er seine klassischen Auftritte bei Volksfesten, Betriebsfeiern etc. Am liebsten waren ihm Auftritte bei Bauern und Handwerkern, die er ja am besten kannte, und bei den armen aber lebenslustigen "Waidler", vielleicht spürte er dabei auch, dass die Roider ja so um 1750 aus der Chamer Gegend zugewandert waren. 

 

Der BR startete in den fünfziger Jahren beliebte und langlebige Sendereihen wie die "Weißblaue Drehorgel" (Beginn 1952) oder das "Bayerische Karussell" (Beginn 1958). Sie liefen bis weit in die sechziger Jahre. Mit ähnlichem Konzept aber unter anderem Namen, wie "Weißblaue Truhe" oder "Bayern Express", überlebten sie sogar bis weit in die siebziger Jahre hinein. Dabei gastierte der BR so etwa alle zwei Monate in einem andern Ort Bayerns - ein paar Mal auch außerhalb - und strahlte die Aufnahme des Gastspiel an einem der folgenden Samstage als Zentralelement des BR Abendprogramms aus. Der Roider Jackl hielt dabei typischer Weise die auf den jeweiligen Ort zugeschnittene Einführungsrede und schloss die Sendung mit einer Serie von Gstanzln ab. Ein weiterer BR Markstein war der " Kommentar der Woche". Das Jahr über am Samstag Abend von namhaften Personen der Zeitgeschichte gesprochen und viel beachtet, wurde der Kommentar des Faschingssamstags vom Roider Jackl, nach einer kurzen Einführungsrede, mit einer Serie von neuesten Gstanzl'n gesungen. 1956 sprach und sang der Roider Jackl so seinen ersten Kommentar  und im Frühjahr 1974 seinen letzten. 

 

Von den Starkbierfesten war der alljährliche Salvatoranstich die berühmteste. Der Roider Jackl war von 1954 bis 1974 fast immer dabei. Sein Auftritt war, wie von der Weissblauen Drehorgel her gewohnt, zweigeteilt in eine "Bürgermeisterrede" am Anfang des Programms und in eine Serie von Gstanzln am Schluss.

 

Von den zahlreichen sonstigen Auftritten seien nur ein paar erwähnt. In dieser Zeit des Wiederaufbaus, besonders im zerbombten München, war der Roider Jackl sehr of bei  Richtfesten oder Wiedereröffnungen wie z.B. 1951 der Akademie der Bildenden Künste, der Fa. Beck am Rathauseck, der Kirche Alter Peter, des Regierungsgebäude Maximiliansstrasse; 1954 der Müllbeseitigungsanlage, des Max-Planck Instituts, 1955 und  später diverser Neubauten der TU München etc. Bei anderen Feiern war der Roider Jackl natürlich auch dabei wie etwa bei der Eröffnung des BR-Werbefernsehens, im Landwirtschaftsministerium und beim Parlamentarischen Abend im Maximilianeum, bei der 800 Jahr Feier der Stadt München, beim Münchner Merkur, bei der Süddeutschen Zeitung und so weiter.

 

 

Weißblaue Drehorgel 1954

   

Die sechziger Jahre

 

In den sechziger Jahren war der Roider Jackl wohl auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Die Kadenz seiner Auftritte – im Schnitt jede zweite Woche einer – behielt er bei. 

 

Was die BR-Auftritte angeht, trat er, wie gewohnt bei den in den fünfziger Jahren begonnen Klassikern auf. Eine Sendereihe kam jedoch hinzu, die des "Bayrisch Herz". In den monatlichen Sendungen am Sonntagnachmittag kam er immer öfter zu Wort mit bis dahin eher ungewohnten, zurückblickenden und nachdenklichen Themen zum Leben im Allgemeinen und früher in der Familie und im Dorf seiner Kinder- und Jugendzeit im Besonderen. Er beschrieb z.B das Leben seiner Mutter mit tiefster Hochachtung und Zuneigung und die kirchlichen Festtage und Bräuche im Dorf; sprach und sang über die Liebe, Krankheit oder das Älterwerden etc.). Dabei konnte er auch wieder vermehrt den Bruder Wastl einsetzen, weil diese Themen sich bestens eigneten, die alten gemeinsam gesungenen Lieder wieder hervorzuholen (siehe Tonträger insbesondere CD 5).

 

Die Salvatorauftritte waren wie immer ein besonderer Ansporn neueste Gstanzl zu kredenzen. Ohne seine geliebten Auftritte bei Volksfesten und Vereinen im dörflichen Bereich zu vernachlässigen, kamen viele illustre "Neukunden" hinzu, zum Beispiel die Abtei Schweiklberg, die Bayerische Vertretung in Bonn, das Bayerisches Armeemuseum, die Bayerische Staatsoper, die Brauwirtschaftliche Woche der TU-München, der  Deutsche Ärztetag, der Deutsche Raiffeisenverband, Herr Dr. Flick, der Forstverein, die Mahag, Herr Sachs, die Fa. Schlüter, die Uni München, die Uni Tübingen, die Fa. Zarges und viele andere.       

 

Sein persönliches Leben wurde in diesen Jahren etwas ruhiger. 1967 konnte er in den Ruhestand als Forstbeamter gehen und gewann so mehr Zeit für die Volkssängerarbeit. Noch in den letzten 50er Jahren, hatte er sich mit der verwitweten Veterinärsgattin Josephine Schnell, bei uns Tante Pepperl genannt, zusammengetan. Keiner der beiden dachte dabei daran wieder zu heiraten. Die Tante Pepperl war ihm beim Tippen und Ordnen seiner Vorträge eine sehr wichtige Hilfe.  Das Roider-Jackl- Archiv, bestehend aus über 50 Aktenordnern, ist im Wesentlichen ihrer Arbeit zu verdanken.

 

Aber ganz so staad wollte es der Roider Jackl auch wieder nicht. 1962 begann er auf seinem 1948 erstandenen Grundstück ein zweites Einfamilien Haus zu bauen, wieder mit Blick auf die spätere Versorgung der behinderten Irma. Es wurde wie gehabt in Eigenregie gearbeitet, mit dem Autor als Vorarbeiter zu Hause und dem Vater zum Geldverdienen und zur Materialbesorgung unterwegs. Der Wantscher Sepp war natürlich auch wieder dabei. Diesmal kam bei dem Bau viel Holz zum Einsatz, wie sich das für einen zum Förster gewordenen ehemaligen Schreiner gehörte. 1965 zog er stolz darin ein. In den sechziger Jahren konnte er, finanziell sowie zeitmäßig flüssiger, auch besser als früher seinem Hobby, dem Sammeln Bayerischer Volkskunst, nachgehen. 

     

 

Tante Pepperl und Jakob beim Künstler Fasching in München ca 1961.

 

 

Die siebziger und letzten Jahre

 

1970 und 1971 führte der Roider Jackl sein Volkssängerleben so weiter wie gehabt: etwa gleicher Rhythmus von Auftritten mit ein paar markanten "Neukunden" wie etwa ADAC, BMW etc. Dann aber begannen sich Unterbrechungen durch Krankheit einzustellen. Im Herbst 1972 musste er mit einer hartnäckigen, fiebrigen Bronchitis für Wochen das Bett hüten und geplante Auftritte absagen. An der Hochzeit des Autors – sie wurde zu Hause gefeiert - konnte er nur fiebrig und für kurze Zeit teilnehmen. Danach fühlte er sich  schwächer als üblich und kam oft total durchgeschwitzt und erledigt von seinen Auftritten zurück. Er zwang sich aber immer noch zur üblichen Auftrittskadenz. Ende 1973 erkrankte er plötzlich an einer Gelbsucht und musste im Januar 1974 operiert werden. Am Tag seiner Einlieferung ins Krankenhaus trat er noch schnell bei der Verabschiedung in die Pensionierung seines Freundes Klotz auf.

 

Die Diagnose des Chirurgen war fürchterlich: Inoperabler Bauchspeicheldrüsenkrebs und eine Lebenserwartung von maximal 1 ½ Jahren. Dies bei einem Kraftpaket von einem Menschen, der nie geraucht hatte, kaum einmal ein Bier, sondern Tee und Milch trank. Der Chirurg legte einen Umgehungskanal um den vom Krebs überwucherten Gallengang und die Gelbsucht verschwand. Die Diagnose erfuhr außer dem Autor niemand, auch nicht der Roider Jackl selbst, und es wurde alles vermieden, was in ihm einen Verdacht erregen hätte können. So widmete sich der Roider Jackl bald hoffnungsvoll erneut seiner Arbeit und Familie.

 

Aber seine Kraft wollte nicht so recht zurückkommen, und er magerte zusehends ab. Er zwang sich 1974 noch zu ca. 20 Auftritten, unter anderem sinnigerweise einem bei den Gastroenterologen in Erlangen. Im November 1974 trat er das letzte Mal auf. Von da an musste er das Bett hüten.  Seine Gastroenterologenfreunde in Erlangen führten noch einen Kontrolleingriff durch, bei dem sich aber nur zeigte, dass sich der Krebs weiter ausgebreitet hatte. Ohne die volle Wahrheit mitzuteilen, rieten sie ihm, wie auch der  Hausarzt, Dr. Martin Hebel, sich doch im Krankenhaus behandeln zu lassen. Aber er verschmähte hartnäckig, das bereits reservierte Krankenhauszimmer in Freising. Sein Kommentar: "De sterile weiße Welt da drin macht mi no kränker". Er wollte daheim in seiner gewohnten Umgebung sein und wenn's sein musste auch sterben. Dem scharfen Beobachter und Realisten Roider Jackl war wohl ab diesem Zeitpunkt klar, dass die Lage sehr ernst war.  Er war aber doch immer wieder voll der Hoffnung, dass das Frühjahr die gesundheitliche Wende bringen würde und zwang sich, am Schluß auf die Begleitung gestützt, zu kurzen Spaziergängen in seiner geliebten Isarau.

 

In den letzten Wochen - der Autor war von seiner Arbeitsstelle in Westafrika heimgekommen - mußten die letzten Dinge geregelt werden. Das wegen der Versorgung der Irma und Absicherung der Resi komplizierte Testament wurde vom sehr bedachten Rechtsanwalt und Altoberbürgermeister von Freising, Dr. Max Lehner, entworfen. Nach   kurzer Diskussion und kleinen Änderungen konnte es der Roider Jackl unterzeichnen. Auch die legale Betreuung der Irma durch den Prof.Glaser und den Seibold Christian wurde geregelt. Mit Freude erfuhr er auch, dass im August mit einem Enkel zu rechnen sei.  Der Roider Jackl war so sichtlich erleichtert und erwartete ruhig und gefasst seinen Tod. Sein Kommentar dazu: "Iatz muass halt des a no sei". Ein paar Tage vor seinem Tod, besprachen wir auch so praktische Dinge wie das Sterbbuidl – "Guat, aber des Arma-Christi-Foto muass in Farbe sei" - und die Begräbniszeremonie - "Koane Gschaftlhuaba, bloß da Walter von Cube (der von ihm verehrte Programmdirektor des BR) soi red'n und de Roaner Deandl singa".

 

So konnte er schließlich am 8. Mai 1975 in Frieden sterben.

 

 

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Das Sterbbuidl